Das Scheitern einer Ehe ist oftmals eine langsame, eine schleichende Angelegenheit. In Zeruya Shalevs neuem Roman, Späte Familie, beschließt eine Frau, diesem quälenden Prozess, der einer allmählichen Vergiftung gleicht, ein jähes Ende zu setzen. Von einem Tag auf den anderen beschließt sie, sich von ihrem Mann zu trennen, und bittet ihn, die Wohnung zu verlassen. Sie bleibt zurück mit ihrem gemeinsamen Kind ... und gerät übers Grübeln ins Zweifeln. Dies ist der Roman einer Krise. Einer Krise, die die Heldin — eine selbständige, selbstbewusste Frau — wie der sprichwörtliche Blitz aus heiterem Himmel trifft. Die lang ersehnte Freiheit schien nun endlich da zu sein — stattdessen findet sie sich konfrontiert mit einer lähmenden Angst vor der großen Einsamkeit, mit Depressionen und dem furchtbaren Gefühl, ihrem Kind den Vater, die Familie genommen zu haben. Aufrührend auch die Erkenntnis, dass man einen Menschen, mit dem einen das eigene Kind verbindet, nie wirklich verlassen kann. Die Fäden des gemeinsamen Schicksals bleiben auf immer verknüpft. Eine neue Liebe bringt wiederum neue Kinder aus einer geschiedenen Ehe mit sich — und so setzt sich für die mutige Protagonistin eine »späte« Familie zusammen, ein höchst kompliziertes Gebilde, auf dem viele Hoffnungen ruhen und das dennoch auf lange Zeit eine empfindsame, zarte Pflanze bleibt, deren Überleben keinesfalls gesichert ist.
Zeruya Shalev, 1959 in einem Kibbuz am See Genezareth geboren, studierte Bibelwissenschaften und lebt mit ihrer Familie in Jerusalem. Ihre vielfach ausgezeichnete Trilogie über die moderne Liebe – «Liebesleben», «Mann und Frau», «Späte Familie» – wurde in über zwanzig Sprachen übertragen. Zeruya Shalev gehört zu den bedeutendsten Erzählerinnen unserer Zeit.
Mirjam Pressler, 1940 in Darmstadt geboren, war eine der beliebtesten Kinder- und Jugendbuchautorinnen Deutschlands. Als Übersetzerin hat sie unter anderem Zeruya Shalev, Sayed Kashua und Aharon Appelfeld ins Deutsche übertragen. 2004 erhielt sie den Deutschen Bücherpreis für ihr Lebenswerk. Mirjam Pressler starb im Januar 2019 in Landshut.