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Morbides Wien - Hans Veigl
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Die dunklen Bezirke der Stadt und ihre Bewohner
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Zustand: Einband leicht berieben und bestoßen, Schnittkanten sehr gut
Wien und die Wiener - dieser merkwürdige Genius loci des Morbiden und topographische Ort eines melancholischen Menschenschlages, war Jahrhunderte hindurch ebenso vom bedrückenden spanischen Hofzeremoniell geprägt wie durch die oftmaligen Machtrepräsentationen von Staat und Kirche. Dort, wo der Glaube an ein Leben vor dem Tod metaphysisch durchwirkt war, griffen Allegorien und Apotheosen der Sterblichkeit auf die Mentalitäten des Alltags über. Ein Alltag, der dann, himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, zwischen Amüsement und Abnormitätenschau, Heurigem und Galgenspektakel, zwischen Spottlust und Todesangst, Narrenturm und Wurstelprater oszillierend, hier seinen einzigartig kulturellen und moralischen Ausdruck fand. „,In Wien, wo die politische Lage oftmals hoffnungslos, aber niemals ernst ist, wo das Begräbnis nach Klassen organisiert ist, die Friedhofsordnung eine vorauseilende Sortierung für das Jüngste Gericht vornimmt und die Geschichte ihre Leichen im Keller zurückläßt, findet sich immer auch das gemütliche Wirtshaus zur letzten Einkehr gleich um die nächste Ecke." Dieses morbide Wien also - geeignete Versuchsstation für den Weltuntergang, wie dies Karl Kraus vermeinte, oder Alfred Polgar zufolge lediglich ein „,fideles Grab an der Donau” - steht im Mittelpunkt des Versuchs einer mentalen Ortsbestimmung und Stadtbeschreibung.
Geb. 1948, Studium der Philosophie und Europäischen Ethnologie. Arbeitete als Redakteur, Verlagslektor und Dramaturg. Seit 1984 freiberuflicher Schriftsteller, lebt in Graz. Publikationen vor allem zum Thema Wiener Populärkultur und Alltagsgeschichte.